Wie ich wurde, was ich bin: mein Weg zur Sketchnotes Trainerin

Ich wollte als Kind entweder mit Tieren arbeiten, reiten, kreativ sein oder die Welt retten. Wenn ich jetzt mit einem offenen Blick auf meine Biografie schaue, hat sich alles so entwickelt – nur anders als gedacht:

  • Ich reite seitdem ich 6 Jahre alt bin, Pferde und Hunde haben in meinem Leben einen wichtigen Platz
  • Kreativität spielt eine große Rolle, sowohl als Trainerin für Sketchnotes als auch in meinem Unterricht
  • Die Welt retten. Rette ich schon die Welt, indem ich meinen Unterricht lebendiger, bunter, interessanter und kreativer gestalte? Und die Schulzeit für meine Schüler:innen als positive Erinnerung bleibt und sie alles lernen können, was sie nur wollen?

In diesem Blogartikel geht es um die entscheidende Frage: Was bin ich? Und welche Stationen in meinem Leben haben mich zu dem geführt, was ich heute bin? Welche Mosaiksteine fügen sich zusammen zu dem großen Ganzen, das mich heute ausmacht?

Wenn ich auf meinen beruflichen Lebensweg mit all den Stationen und Wendungen blicke, so fügen sich viele Puzzleteile zu einem großen Ganzen zusammen. Bevor ich den Begriff der Scannerpersönlichkeit kannte, fühlte ich mich mit meinem bunten Lebenslauf oft falsch, zu wenig Karrierebewusst, unstet und ohne Ehrgeiz für die eine Sache im Leben. Heute kann ich klar sagen, die Erfahrungen, der Perspektivwechsel und das Risiko, eingetretene Pfade zu verlassen und ganz Neu zu starten, ist es, was mich ausmacht.

Meine Wie-ich-wurde-was-ich-heute-bin-Stationen:

  1. 1982 Abitur und nun?

Ich wate im Tal der Ahnungslosen. Was soll ich denn nun lernen, nach 13 Jahren Schule – wieder lernen? Pferdewirtin fand kein Anklang in meiner Familie – zu harte Arbeit und mit Abitur eine Aussenseiterin im Arbeitsmilieu auf einem Hof und im Stall. Dann vielleicht ein Designstudium oder Goldschmiedin – nicht kreativ genug. Was dann? Mit dem Schubs meiner Eltern bewerbe ich mich um einen Ausbildungsplatz in verschiedenen Hamburger Banken.

  1. 1983-1985 Ausbildung zur Bankkauffrau

Mein Traumberuf war es nie, aber lieber den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach. Als Baby-Boomer Generation war ich froh überhaupt einen Ausbildungsplatz zu bekommen. Meine Eltern waren mega stolz und glücklich, dass sich mein Leben scheinbar endlich in geregelten Bahnen befand und die „Flausen“ zu etwas Größerem, wie die Welt bei den Grünen zu retten, endlich vom Tisch waren. Ich hatte ein sehr lehrreiche und entspannte Zeit in der Holländischen Privatbank Mees & Hope NV.

  1. 1985-1990 meine Stationen in verschiedenen Bank

Auch wenn die Bank nie mein Traum war – durfte ich doch vieles Ausprobieren. Support im Geldhandel und ein Abendstudium über 3 Jahre zur Bankfachwirtin.

Trainee Ausbildung zur Devisenhändlerin in Frankfurt und Hamburg: hier hatte ich mein bestes Bewerbungsgespräch. Um nicht in der Personalabteilung der Bank aufzufallen, traf ich mich mit dem Leiter der Ausbildungsabteilung inkognito in der Kneipe um die Ecke.

Auslandszahlungsverkehr in Dänemark und Hamburg. Meine dänischem Sprachkenntnisse reichen nach 35 Jahren noch zum Brötchen holen und fluchen.

  1. 1990-1997 Studium der Biologie

Nur eine kleine Bemerkung meines damaligen Freundes, die wurmte: Mit Abitur kein Studium, traust du dich nicht? Obwohl ich diese Stichelei lächerlich fand, traf es doch meinen Stolz und forderte es mich zu einem na klar kann ich das heraus.

Natürlich, dann sollte es etwas mit Tieren werden, denn das war ja immer mein Traum! Den Mathe-und Medizinertest an der Uni schaffe ich nicht, als Alternative bekam ich sofort einen Studienplatz in Biologie. das erst Mal, dass sich mein beruflicher Lebensweg radikal drehte. Ich hatte auch nicht alle Auswirkungen von Sicherheit, regelmäßigem Gehalt und einem gewissen Lebensstandard zur Studentin bedacht. Aber alles ist möglich, wenn man sich traut: Ich schaffe das!

  1. 1994 mein Jahr als Studentin Südamerika

Ich habe als Studentin immer in der Bank gearbeitet. Plötzlich kurz vor Ende des Studiums stelle ich mir erschreckt die Frage: Wo und wie will ich eigentlich als Biologin arbeiten? Durch persönliche Kontakte an der Uni entsteht die Idee eines Auslandsaufenthaltes in Chile. Spontan bewerbe ich mich in Conception im dortigen Fischerei-Instituts und „Yes“ – ich bekomme eine Zusage und fliege für 1 Jahr nach Chile!

Meine spanischen Sprachkenntnisse so lala, aber ich habe Hände und Füße, wird schon gehen. Puh- das war schwierig, fremde Sprache, fremde Kultur, allein, ohne Freunde und kein Handy! Ich bin über mehrere Etappen und viel Unterstützung ganz im Süden Chiles am Seno Ottway gelandet. Hier durfte ich Daten für meine Diplomarbeit über das Verhalten von Magellan-Pinguinen sammeln. Eine tolle Zeit frei und unabhängig, in der Pampa ohne Strom und fließendem Wasser, aber Unterstützung von vielen deutschen Forschern und dem Alfred Wegner für mein Projekt.

  1. 1996 – 2003 Familiengründung

1996 heirateten mein Mann und ich und wir zogen vom Zentrum Hamburgs an den südlichen Stadtrand in die Harburger Berge mit viel Wald und Natur. Hier ergab sich für mich der erste Kontakt zur Waldorfschule um die Ecke und damit zu den Gedanken und Ideen von Rudolf Steiner. Eine Begegnung, die meinen weiteren Lebensweg nachhaltig prägte.

  1. 1997 – 2003 Kindergarten ganz old School

1997 beendete ich mein Studium als Diplom Biologin und ich wurde Mutter von zwei Söhnen (1997 und 2000). Ich blieb meinem damalige traditionellen Frauen- und Familienbild entsprechend erstmal zu Haus – und fing schnell an mich zu langweilen.

So war ich sehr glücklich, als die IT Firma eines Freundes eine Aushilfe für die Terminvereinbarung zur Cebit suchte und ich stundenweise aus dem Haus konnte. Aus dem anfänglichen Aushilfsjob entwickelte ich den Aufbau eines erfolgreichen Telefonmarketings mit 4 Mitarbeitern. Nach der Geburt meines 2. Sohnes und einem Kindergarten erst ab 3 Jahren und nur zwischen 9-12 Uhr, musste ich nach dem Mutterschutz kündigen. Ich tat dies mit einem lachenden und einem weinenden Auge, aber ich wollte nur unseren Waldorfkindergarten und auf keinen Fall einen staatlichen Kindergarten. Mit der Unterstützung meiner Mutter konnte ich ein mal die Woche im Wildpark Erlebnistouren für Kinder, Schulklassen und Erwachsene organisieren und durchführen, so blieb für mich etwas Anbindung an die Biologie.

  1. 2007-2010 Ausbildung zur Waldorflehrerin

Die Kindergarten- und anfängliche Schulzeit meiner Söhne hat mich so nachhaltig beeindruckt und geprägt, so dass ich 2008 den Aufbau eines Schulsekretariates für eine Waldorfschule in Gründung organisierte und berufsbegleitend die Ausbildung zur Waldorflehrerin in Angriff nahm.

Ich durfte in Hamburg am Lehrerseminar ausnahmsweise sowohl die Klassenlehrer, als auch die Fachausbildung Biologie machen, da ich mich nicht für einen Bereich festlegen wollte.

Als Fortbildungsjunkie und um die Kinder von heute noch besser verstehen, unterstützen und begleiten zu können, habe ich mich zusätzlich zur Förderlehrerin (2008-2010) und Heilpädagogin (2014) ausbilden lassen.

  1. 2010 – 2014 ich bin Klassenlehrerin

Ich bekomme eine erste Klasse, am anderen Ende der Stadt, ganz am nördlichen Zipfel von Hamburg. Ich fahre jeden Tag 1 1/2 Stunden auf der Autobahn um zu meiner Schule zu kommen. Wie stressig dies ist bemerke ich erst, als ich diese Strecke nicht mehr täglich fahre. Neben der Aufregung der Verantwortung, ist es reine Magie diese Kinder auf ihren Weg begleiten zu dürfen. Ich bin plötzlich eine Instanz und werde von Eltern und Kollegen als Expertin für Kindererziehung und -entwicklung um Rat befragt. Eine anstrengende und stressige Zeit beginnt mit der Verschiebung der Work-Live-Balance klar in Richtung Arbeit.

  1. 2014 – 2016 Schmerzlicher Abschied

Bei einer Routineuntersuchung wird bei mir 2014 Brustkrebs festgestellt. Diese Diagnose bringt mein Leben völlig durcheinander und reisst mir den Boden unter den Füßen weg. Nach fast 1 1/2 Jahren Behandlung mit Chemotherapie und Bestrahlung entwickelt sich ein großer Widerstand der Eltern „meiner“ Klasse, als ich wieder ins Schulleben zurück will. Ich ziehe für mich die Notbremse in dieser aufgeheizten Stimmung und verlasse die Schule. Mir war weder nach Drama oder Eskalation zu meinem Wiedereinstieg ins Berufsleben zu mute.

Wenn sich Türen schließen, öffnen sich neue.

  1. 2016 Rückschlag

Der Krebs ist überraschend wieder da und mir muss diesmal die Brust abgenommen werden. Das stellt für mich meine Selbstverständlichkeit als Frau erstmal in Frage, bin ich Amazone, aber keinen vollwertige Frau? Viele Gedanken, die mir auf das Leben eine andere Perspektive geben. Ich kämpfe mich durch, vieles bleibt in dieser Zeit für mich unbeantwortet und hinterlässt mehr Fragezeichen als Antworten.

  1. 2016 – 2022 Waldorfschule Harburg und eine Reise nach Afrika

Ich starte gleich nach der Operation mit einem winzigen Vertretungsdeputat im Fachbereich Biologie an der Waldorfschule direkt vor unserer Haustür an. Es ist die Schule meiner Kinder, zu der ich die letzten Jahrzehnte immer eine enge Beziehung hatte.

In diesen Neustart fällt auch die schon gebuchte erste Afrikareise. Wir begleiten unseren Jüngsten nach Südafrika, der dort in Kapstadt an der Waldorfschule ein Schulhalbjahr verbringen möchte. Bevor seine Schule startet, machen wir Urlaub in diesem, uns fremden Land. Wir verbringen 10 aufregende Tage in einem Wildreservat mit Löwen, Nashörnern, Elefanten, Giraffen und einer sagenhafte Erfahrung in der Natur.

Nach der Reise öffnet sich für mich an der Schule eine weitere Tür. Die Anfrage zur nächsten Krankheitsvertretung, diesmal im Chemie Bereich. Ich werde also Chemie-Lehrerin – auch wenn ich zwischen 2017 und 2019 alle Zusatzqualifikationen zum fachfremden Unterrichten in der Chemie nachholen muss.

Heute bin ich in der Schule eine leidenschaftliche, glückliche und zufriedene Chemie,-Geografie- und Mathelehrerin.

  1. 2019 vieles entwickelt sich in diesem Jahr: Sketchnotes und eine Trennung

Meine ersten Berührungspunkte mit Sketchnotes in einer Fortbildung am Lehrerseminar: es entwickelt sich mit Karacho eine unbändige und kreative Zeit. Zeichnen ohne Zeichentalent, es offenbart sich eine neue Welt für mich. Ich zeichne die ganzen Sommerferien durch und mache einen Kurs nach dem anderen.

Gleichzeitig entwickelt sich langsam in der Chemie eine Routine und Sicherheit beim Experimentieren im Unterricht, die ich am Anfang nicht für möglich gehalten hatte.

Privat: Die Kinder sind mehr oder weniger aus dem Haus, eine meiner Lebensaufgaben und der Klebstoff zwischen meinem Mann und mir fällt weg. Wir trennen uns, ein schmerzlicher und trauriger Prozess nach 25 Jahren.

Ich mag mich gern immer wieder mit ganz neuen Dingen beschäftigen und über meinen Tellerrand schauen. So entscheide ich mich 2018/19 eine Ausbildung zur Tierenergetikerin zu machen, einfach nur so, weil ich es spannend finde. Und es mir die Möglichkeit gibt, meinem Pony etwas Gutes zu tun.

  1. 2020 Corona und erste Schritte als Sketchnotestrainerin

Während der Schulschließungen schaffen wir es als Kollegium blitzartig eine eigene digitale Kursplattform für unsere Schüler:innen aus der Taufe zu heben. Wahnsinn was plötzlich möglich ist, bei uns angeblich nicht technikaffinen Waldorfschulen. Unser Stundenplan wird von Klasse 4 bis 13 von heute auf morgen auf digital umgestellt und (fast) alle machen mit. Ein Ruck geht durch die Kollegen und ich reibe mir die Augen und bin erstaunt, was alles möglich ist. Nicht perfekt, aber ein Anfang. Gleichzeitig werden meine Sketchnotes und Flipchart Kurse der VHS von Präsenz auf ein digitales Format umgestellt. Und in meiner Freizeit ist Kreativität plötzlich ständig und überall an der Tagesordnung mit Meetup quer über den Globus.

Corona zieht sich…

… unsere digitale Schulentwicklung ist mittlerweile ausgereift und professionell.

  1. Heute

Ich glaube, alles ist online möglich. Genau vor einem Jahr bin ich in das Abenteuer meines eignes Onlinebusiness als Trainerin für Sketchnotes, Flipcharts und kreativen Flow gestartet. Vielleicht nicht mehr ganz so wagemutig wie vor 20, 30 oder 40 Jahren. Trotzdem bleibt meine Vision und meine Idee mit Sketchnotes und Visualisierung die Schule von heute so zu verändern, dass es für Schüler:innen leichter ist, komplexe Zusammenhänge in der Welt besser zu verstehen.

Vor einem Jahr hatte ich noch keine Webseite, heute blogge ich regelmäßig zu meinen Themen Unterricht und lernen mit Sketchnotes.

Wenn mich ab und an die technischen Hürden eine Onlinebusiness aus der Bahn werden, habe ich viele Meilensteine auf meinem Weg zu meinen eigenen Online Kursen gemeistert. Eine meiner Stärken das Dranbleiben und Lösungen zu finden, hilft mir weiter meinen Weg zu gehen.

Ich liebe Sketchnotes und ich liebe es zu unterrichten, mein nächster begleiteter Online-Kurs startet im Juli.

4 Kommentare zu „Wie ich wurde, was ich bin: mein Weg zur Sketchnotes Trainerin“

  1. Wow Sabine, dein Weg liest sich superspannend. Und ich stelle fest, dass wir so einiges gemeinsam haben: Aufenthalt in Südamerika (ich war etwas nördlich von dir in Lima), S… Brustkrebs als Wiederholungstäter, ein Isi (okay meins ging 2021 über den Regenbogen) …
    Blogge weiter, wild und gefährlich,

    Deine Manuela

  2. WOW! Was für eine Lebens-Geschichte! Ich bin tief beeindruckt, sehr bewegt und berührt. Du bist eine so wahnsinnig starke Persönlichkeit, dass man dich am liebsten beherzt drücken und auf ein gemütliches Tässchen Kaffee einladen mag – um noch mehr von dir zu erfahren!

    Gerade die Sketchnotes habe mich auf deinen Artikel gebracht, weil ich sie selbst aktiv in meinen Trainings und Workbooks einsetze.

    Dass hier so eine faszinierende Geschichte auf mich wartet … darauf war ich nicht vorbereitet.

    Von Herzen alles Gute für dich und ganz viel Liebe, Erfüllung und Glück bei allem, was noch kommt!

    Sonnige Grüße, Cashima

  3. Super! Spannende Lebensgeschichte toll erzählt. Sketchnotes gefallen mir auch sehr. Und ich musste schmunzeln, weil bei dir alles mit Kreis, Dreieck und Quadrat beginnt. Bei mir in der NeuroGraphik auch. 😃 Und mit Bankkauffrau habe ich auch angefangen. Weiterhin so viel Lebensenergie!

  4. Was für eine bewegende Lebensgeschichte. Danke fürs Teilen! Ich habe meine „ich-kann-nicht-zeichnen-Blockade“ durch ein Buch von Danny Gregory gesprengt und Sketchnotes erst viele Jahre später entdeckt. Ich finde sie toll und ich konnte damit schon einige zum Zeichnen ermutigen. Ich habe viele Sketchnotes für Trainer und Coaches gezeichnet, aber das wurde mir irgendwann zu langweilig 😉 Ich mache die Blogchallenge mit Verspätung mit, weil ich mit Grippe im Bett lag. Liebe Grüße aus München von Marita

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